Grundannahmen im Rosenheimer Modell
Das Rosenheimer Modell im Vergleich zu anderen Betreuungsmodellen (Residenzmodell und Wechselmodell)
Mit dem Rosenheimer Modell könnt ihr euch einen Rahmen schaffen, in dem ihr jeweils beide sowohl möglichst viel Zeit mit euren Kindern verbringen als auch eure gewünschte Erwerbstätigkeit verwirklichen könnt. Im Folgenden findet ihr die Grundannahmen und Ideen, die hinter dem Rosenheimer Modell stecken.
Im Kontrast dazu ist am Ende jedes Kapitel auch immer die jeweilige Handhabung in der aktuellen deutschen Rechtsprechung aufgeführt. Das deutsche Familienrecht ist grundsätzlich nicht für zwei betreuende Eltern nach der Trennung ausgelegt. Es kennt nur das Residenzmodell ("alleinerziehend") und in streng begrenzten Ausnahmefällen das Wechselmodell (beide betreuen exakt hälftig). Alle anderen Betreuungskonstellationen dazwischen werden realitätsfremd wie ein Residenzmodell behandelt ("einer betreut, einer bezahlt").
Beide betreuen, beide bezahlen
Im Rosenheimer Modell werdet ihr Eltern in beiden Bereichen der Elternverantwortung (Betreuen und Bezahlen) grundsätzlich gleichbehandelt. Es gelten für euch die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten. Ihr verhandelt stets auf Augenhöhe. Das Rosenheimer Modell ist damit die direkte Umsetzung der Artikel 3 und 6 unseres Grundgesetzes.
Art. 3, Abs. 1 und 2 (Gleichheits- und Gleichbehandlungsgrundsatz):
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
Art. 6, Abs. 2 (Elternrechte):
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
Derzeitige gesetzliche Regelung in Deutschland: einer betreut, einer bezahlt.
Das Rosenheimer Modell deckt die ganze Bandbreite an Trennungsfamilien und Betreuungskonstellationen ab. Es spielt keine Rolle, ob ihr 3%, 20% oder 90% betreut. Die Unterhaltsberechnung ist für jeden von euch individuell und folgt stets der gleichen fairen Formel für beide von euch.
Das Rosenheimer Modell kann jedoch nicht bestehende Gerichtsbeschlüsse abändern oder die Schäden abmildern, die entstehen, wenn ein Elternteil mit eurem gemeinsamen Kind wegzieht, so dass eine abwechselnde Betreuung nicht mehr uneingeschränkt möglich ist.
Derzeitige gesetzliche Regelung in Deutschland: Residenzmodell und Wechselmodell.
Ihr beide seid gleich wichtig für eure Kinder
Es ist im Rosenheimer Modell selbstverständlich, dass ihr beide für das gesunde Aufwachsen eurer Kinder gleich wertvoll und zuständig seid. Damit ist auch die Beziehung jedes Elternteils zu den gemeinsamen Kindern gleich wichtig. Ihr habt selbstverständlich auch nach der Trennung beide das gleiche Recht auf Alltagsnähe zu euren Kindern. Das Rosenheimer Modell unterstützt euch, möglichst präsent im Alltag eurer Kinder zu bleiben. Seid aktive und präsente Eltern!
Dadurch gebt ihr euren Kindern die Möglichkeit auf gleich viel Zeit mit euch und eine tiefe Beziehung zu jedem von euch beiden.
Derzeitige gesetzliche Regelung in Deutschland: zwei ungleich wichtige Elternteile.
Beide betreuen
Wenn ihr noch nicht festgelegt habt, wer von euch wann die gemeinsamen Kinder betreuen wird, könnt ihr im Rosenheimer Modell zuerst gemeinsam einen Betreuungsplan erstellen, der für jeden Wochentag festlegt, wer die Kinder wann betreuen wird.
Ihr vereinbart im Betreuungsplan eure jeweiligen Betreuungszeiten auf Augenhöhe. Beide von euch sind in gleicher Weise zuständig und berechtigt zu betreuen. Das Rosenheimer Modell ermutigt euch, möglichst hälftig zu betreuen. Davon abweichende Betreuungsvereinbarungen sind jederzeit im Einvernehmen möglich. Ihr verschafft euch gegenseitig mit eurem Betreuungsanteil Freiräume, so dass ihr beide erwerbstätig sein könnt.
Derzeitige gesetzliche Regelung in Deutschland: Ein Elternteil ist "alleinerziehend"
Zwei Zuhause
Nach der Trennung lebt ihr Eltern naturgemäß in zwei verschiedenen Haushalten. Eure Kinder sind dann natürlich auch dort zuhause wo auch ihr zuhause seid. Trennungskinder haben damit grundsätzlich zwei Zuhause. Das ist ihre Realität.
Derzeitige gesetzliche Regelung in Deutschland: ein Zuhause.
Umzüge nur innerhalb des Einzugsbereichs der Schule
Das Rosenheimer Modell geht davon aus, dass die Betreuung durch zwei präsente Elternteile auch nach der Trennung für euer Kind die beste Lösung ist. Abwechselnde Betreuung ist jedoch nur dann möglich, wenn sich eure beiden Haushalte in räumlicher Nähe zur Schule (oder ähnlichem) eurer Kinder befinden und ihr eure Betreuungsanteile dadurch tatsächlich frei wählen könnt. Deshalb sind Umzüge von euch Eltern nur innerhalb des Einzugsbereichs der Schule eurer Kinder vorgesehen.
Wer ohne Einverständnis eurer Kinder und des anderen Elternteils weiter wegzieht, gefährdet wissentlich die Beziehung eurer Kinder zu einem ihrer beiden Eltern.
Das Rosenheimer Modell kann schädliches Verhalten eines Elternteils nicht sanktionieren. Die Berechnungen des Rosenheimer Modells führen dann jedoch zu falschen Ergebnissen.
Siehe auch: Umzüge mit Kind
Derzeitige gesetzliche Regelung in Deutschland: Wegzug wird vom Gesetzgeber toleriert.
Beide bezahlen
Eure Kinder benötigen für das gesunde Aufwachsen Geld. Bei der Frage, wie hoch der Bedarf für eure Kinder anzusetzen ist, orientiert sich das Rosenheimer Modell am gesetzlichen Grundbedarf für Kinder. Dieser Grundbedarf wird nach Alter gestaffelt jedes Jahr gesetzlich neu festgelegt und ist für alle Kinder einer Altersstufe gleich hoch, unabhängig vom Einkommen der Eltern. Diesen pauschalen Bedarf tragt ihr beide gemeinsam.
Darüber hinaus tragt ihr auch einen Anteil an den Sonderkosten. Das sind z.B. ein Fahrrad für euer Kind, die Kosten für ein Skilager mit der Schule oder der Sportverein am Nachmittag. Diese Kosten gleicht ihr aus, wenn sie anfallen.
Wer von euch weniger betreut, wird im Rosenheimer Modell einen proportional größeren Anteil der Kosten der Kinder übernehmen, wer mehr betreut, einen proportional kleineren. Darüber hinaus wird die finanzielle Leistungsfähigkeit von jedem von euch beiden berücksichtigt.
Derzeitige gesetzliche Regelung in Deutschland: einer bezahlt.
Netto-Vollzeit-Einkommen beider Eltern für die Unterhaltsberechnung
Um ein zumutbares Einkommen für jeden von euch bestimmen zu können, verwendet ihr im Rosenheimer Modell als Berechnungsgrundlage eure angenommenen Netto-Vollzeit-Einkommen (das ist so viel, wie ihr in eurem Beruf verdienen würdet, wenn ihr Vollzeit arbeiten gehen könntet). Mindestens wird immer ein zumutbares Mindesteinkommen berücksichtigt. Dieses errechnet sich aus einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden und dem derzeitigen (2023) Mindestarbeitslohn von 12,00 €. Nach der von Behörden verwendeten Formel (wöchentliche Arbeitszeit × 13 / 12 x 4) ergibt sich damit bei einer 40-Stunden-Woche ein verstetigtes monatliches Mindest-Gehalt in Höhe von 2.080 € brutto. Dies entspricht einem Nettolohn von 1.493,30 €.
Derzeitige gesetzliche Regelung in Deutschland: Netto-Einkommen nur des "Unterhalts"-Elternteils.
Grundbedarf und Sonderkosten
Das Rosenheimer Modell unterscheidet zwischen zwei Arten von Ausgaben für eure Kinder.
Zum einen gibt es die (oft regelmäßigen) haushaltsgebundenen Ausgaben, die in jedem Zuhause eurer Kinder separat anfallen. Dazu gehören z.B. die Miete für ein Kinderzimmer in eurem Haushalt, die Kosten für Urlaub mit euren Kindern oder etwa Mahlzeiten, die eure Kinder in eurem jeweiligen Haushalt einnehmen.
Zum anderen die Ausgaben (Sonderkosten), die unabhängig von jedem Haushalt von euch entstehen. Dies wären z.B. ein Fahrrad, das euer Kind in beiden Haushalten benutzt, die Kosten für ein Skilager mit der Schule oder die Klavierstunden.
Im Rosenheimer Modell wird die Betreuungsleistung von jedem von euch in gleicher Weise honoriert. So erhaltet ihr für die haushaltsgebundenen Ausgaben proportional zu eurem Betreuungsanteil einen Anteil des Grundbedarfs für euren jeweiligen Haushalt.
Die Sonderkosten gleicht ihr zusätzlich und unabhängig vom Grundbedarf zwischen den Haushalten aus. Je nach Betreuungsanteil und finanzieller Leistungsfähigkeit übernimmt jeder von euch seinen Anteil an diesen unregelmäßigen und konkreten Kosten.
Durch dieses System ist stets transparent, für was das Geld für eure Kinder ausgegeben wird. Dies kann eure Bereitschaft fördern, eure jeweilige finanzielle Elternverantwortung für eure Kinder zu übernehmen und könnte darüber hinaus eine Basis für euch sein, im Gespräch über die gemeinsamen Belange der Kinder zu bleiben.
Bei den Sonderkosten wisst nur ihr selbst, wer wieviel für euer Kind einkauft, und wie hoch entsprechend der Ausgleichsbetrag zwischen den Haushalten sein soll. Ihr könnt die Sonderkosten z.B. mit einem Kinderkonto ausgleichen. Jeder von euch zahlt entsprechend dem berechneten Prozentsatz auf das gemeinsame Konto ein. Alle Kosten für die Kinder werden von diesem Konto bezahlt. Oder ihr vereinbart einen Pauschalbetrag, den ein Elternteil dem anderen überweist. Oder ihr gleicht die einzelnen Beträge als Summe z.B. monatlich aus. Probiert aus, was für euch am besten funktioniert!
Derzeitige gesetzliche Regelung in Deutschland: Düsseldorfer Tabelle.
Staatliche Unterstützung für beide Haushalte
Der Staat unterstützt Familien finanziell. Zu diesen staatlichen Unterstützungen zählen z.B. das Kindergeld, die beamtenrechtlichen Zulagen, möglicherweise auch der Familienzuschlag bei der Riester-Rente oder ähnliches. Im Rosenheimer Modell verteilt ihr dieses Geld für die Kinder entsprechend eurer Betreuungsanteile fair auf beide Haushalte.
Mehrbetreuung wird honoriert
Im Rosenheimer Modell seid ihr beide grundsätzlich für jeweils die Hälfte der Zeit zuständig, die Betreuung eurer Kinder zu organisieren. Wer von euch gerade nicht betreut, kann in dieser Zeit einer eigenen Erwerbstätigkeit nachgehen.
Hilft euch der andere in eurer Hälfte bei der Betreuung eurer Kinder aus, dann ersetzt ihr nach Möglichkeit dem mehr-betreuenden Elternteil seinen Erwerbsausfall. Damit betreut der eine und der andere kümmert sich in dieser Zeit in gleicher Weise auch um das finanzielle Auskommen des mehr-betreuenden Elternteils.
Derzeitige gesetzliche Regelung in Deutschland: Mehrbetreuung wird nicht honoriert.
Anreize, betreuen und erwerbstätig sein zu wollen
Das Rosenheimer Modell möchte euch bestärken, bei den Belangen der Kinder im Gespräch zu bleiben. Es setzt bewusst Anreize, damit ihr eure Zusammenarbeit verbessert und fair miteinander umgeht. Streit wird so reduziert.
Außerdem möchte das Rosenheimer Modell euer Bemühen unterstützen, Eure Elternverantwortung sowohl in der Betreuung eurer Kinder als auch in der eigenen Erwerbstätigkeit zu übernehmen.
Betreuung wird honoriert. Nicht-Betreuung erschwert und verteuert.
Derzeitige gesetzliche Regelung in Deutschland: Fehlanreize.
Flexible Lösung
Das Rosenheimer Modell ist eine flexible Lösung für alle Trennungsfamilien. Kinder werden älter, eure berufliche Situation ändert sich. Das ist die Normalität. Im Rosenheimer Modell könnt ihr eure Betreuungszeiten und damit euren finanziellen Ausgleich jederzeit leicht den aktuellen Gegebenheiten anpassen.
Derzeitige gesetzliche Regelung in Deutschland: starre Einteilung.