Fragwürdige Rechtfertigung des Residenzmodells aufgrund des „Kontinuitätsprinzips“
Das Kontinuitätsprinzip wird oft angeführt, um ein Residenzmodell bei einem Elternteil zu rechtfertigen.
Im folgenden wird eine typische Entwicklung von der intakten Familie vor der Trennung bis hin zu einem Residenzmodell bei einem Elternteil nach der Trennung aufgezeigt. Die daraus resultierenden Veränderungen im Beziehungsgefüge der Familie sind in drei Phasen dargestellt.
Es zeigt sich, dass das Residenzmodell, ganz im Gegensatz zur postulierten Kontinuität, eine fundamentale Veränderung der bisherigen Beziehungsstruktur der Familienmitglieder, darstellt. Die Sinnhaftigkeit des Kontinuitätsprinzips wird damit ad absurdum geführt.
Im fol
Phase 1: Situation vor der Trennung: Die intakte Familie
Grundannahme für die intakte Familie:
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Graphik 1: Betreuungsplan der „intakten“ Familie:
Tabelle 1: Zeitanteile des Kindes bei beiden Eltern
In der vorgestellten „intakten“ Familie arbeitet der Vater als Hauptverdiener, die Mutter ist Nachmittags zuhause und betreut das Kind. Trotz der Erwerbstätigkeit des Vaters verbringen das Kind und der Vater etwa 73% der Zeit miteinander, der Betreuungsanteil der Mutter ist mit etwa 85% geringfügig höher. Das Kind sieht seinen Vater jeden Tag und jede Nacht. |
Phase 2: Situation nach der Trennung: Residenzmodell bei der Mutter
Grundannahme für die Trennungsfamilie im Residenzmodell bei der Mutter:
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Graphik 2: Betreuungsplan der Trennungsfamilie im "Residenzmodell" bei der Mutter:
Tabelle 2: Zeitanteile des Kindes bei beiden Eltern im "Residenzmodell" bei der Mutter:
In Deutschland gilt für Trennungsfamilien das Prinzip „einer betreut, einer zahlt“. Deshalb wird im Regelfall das Residenzmodell bei einem Elternteil, normalerweise bei der Mutter, von Gericht angeordnet, begründet vor allem auch mit dem Kontinuitätsprinzip. Das Kontinuitätsprinzip erhält die Kind-Mutter-Beziehung weitgehend unverändert, reduziert jedoch den Betreuungsanteil beim Vater, als elementare Voraussetzung für die stabile Kind-Vater-Beziehung, in katastrophaler Weise. Im Residenzmodell gibt es keine Kontinuität der Kind-Vater-Beziehung. Es ist unstrittig, dass die gute Beziehung zu beiden Elternteilen für die gesunde Entwicklung des Kindes essentiell wichtig ist. |
Phase 3: Betreuungssituation im Residenzmodell bei der Mutter mit Ganztagsbetreuung,
Grundannahme für die Trennungsfamilie im Residenzmodell mit Ganztagsbetreuung:
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Graphik 3: Betreuungsplan der Trennungsfamilie im "Residenzmodell" bei der Mutter mit Ganztagsbetreuung:
Tabelle 3: Zeitanteile des Kindes bei beiden Eltern im "Residenzmodell" bei der Mutter mit Ganztagsbetreuung:
Steigert die Mutter im Residenzmodell ihre Berufstätigkeit, und wird das Kind deshalb zukünftig in der Ganztagsbetreuung beaufsichtigt, so reduziert sich seine Zeit mit seinen Eltern im Beispiel um weitere 36 Stunden. Das Kind verbringt dann mehr als doppelt so viel Zeit in der Schule und der Ganztagsbetreuung wie mit seinem eigenen Vater. |
Graphische Darstellung der Veränderung der Alltagsnähe innerhalb der Familie durch die Anwendung des "Kontinuitätsprinzips".
Graphik 4: Kind-Mutter-Zeitanteil
Graphik 5: Kind-Vater-Zeitanteil
Beziehung braucht Zeit und Alltagsnähe. Das Kontinuitätsprinzip schützt durch die ungleiche Zeitverteilung fast ausschließlich die Alltagsnähe des Kindes mit der Mutter nach der Trennung, aber nicht die ebenso wichtige Zeit des Kindes mit dem Vater. Die Beziehung des Kindes zum Vater ist im Residenzmodell nach der Trennung fundamental gefährdet. Das Residenzmodell, begründet mit dem „Kontinuitätsprinzip“ stellt keine Fortsetzung sondern vielmehr einen grundlegenden Bruch des bisherigen Beziehungsgefüges der Familie dar. Nur im Wechselmodell hat das Kind viel Alltagsnähe mit beiden Eltern als unerlässliche Grundvoraussetzung für eine tragende und dauerhafte Beziehung zu seinem Vater und seiner Mutter. |